ERCM TV – Teil 1: Cyberknife zur Behandlung des Aderhautmelanoms
Dieses Video zeigt eine Aderhautmelanombehandlung in Kooperation mit der Universitätsaugenklinik München. Bisher wurden schon über 700 Patienten mit dieser Behandlungsmethode in München behandelt.
Video-Transkript
Christoph Gogg Herzlich willkommen zu Cyberknife-TV. Ich befinde mich hier vor dem Europäischen Cyberknife Centrum in München Großhadern in direkter Nachbarschaft zum Klinikum. Hier finden wahre medizinische Innovationen im Bereich der Tumorbehandlung statt. Was es alles hier zu behandeln gibt, das verraten wir Ihnen heute, denn ich treffe gleich die Experten vor Ort.
Ich freue mich, jetzt hier mit Professor Alexander Muacevic und Dr. Markus Kufeld sprechen zu können vom Europäischen Cyberknife Centrum hier in München Großhadern. Herr Professor, für alle, die jetzt noch nicht so viel wissen über dieses Centrum, wie würden Sie es definieren? Ein paar Worte vielleicht zur Historie, zur Entstehung des Ganzen.
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic Also das Cyberknife Centrum ist ein Spezialzentrum zur sogenannten radiochirurgischen Therapie von Tumoren. Was heißt das? Das heißt, eine gezielte Präzisionsbestrahlung, meistens einmalig, um einen Tumor – alternativ zu einem operativen Eingriff – auszuschalten. Das Ganze machen wir bereits seit 2005, also schon eine ganze Weile. Es wird ja immer geglaubt, dass das was ganz Neues ist. So ganz neu ist es gar nicht mehr.
Aber wir haben seit 2005 angefangen und dann mit dem Klinikum Großhadern zusammen dieses Centrum hier gegründet, etabliert und weiterentwickelt. Und das Ganze lebt und steht von der Kooperation mit den unterschiedlichen Abteilungen. Und das ist ja auch gerade heute ein spezielles Thema – um genauer zu sein, in der Kooperation mit der Universitätsaugenklinik.
Also technologisch ist es im Prinzip ein Zusammenschluss von einer digitalen Bildführung zusammen mit einem Roboter – im Prinzip ein Industrieroboter, wie man ihn aus der Automobilindustrie kennt. Wer ein deutsches Auto fährt, dieses Auto ist genau mit diesem Roboter zusammengeschweißt worden. Da sind also zwei technologische Produkte, die vorher mit der Medizin nichts zu tun hatten, als Medizinprodukt zusammengeschweißt worden, um hier diese extreme Präzision hinzubekommen. Das ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Behandlungen, gerade mit dieser einmaligen Technik, kann man nur dann machen, wenn man extreme Genauigkeiten erreichen kann.
Was heißt das? Das heißt, Genauigkeiten von unter einem Millimeter. Und das Ganze auch bei Organsystemen, die sich bewegen. Also wir können nicht nur im Bereich von knöchernen Strukturen, wo jetzt keine Bewegung stattfindet, sondern auch bei Bewegungen, zum Beispiel durch die Lunge oder den Bauchraum verursacht, solche Genauigkeiten erreichen – und das ist schon ganz außergewöhnlich.
Christoph Gogg Jetzt haben wir ein bisschen schon gehört, wo überall die Cyberknife-Technologie zum Einsatz kommt. Was sind denn so die Behandlungsindikationen, die Sie verfolgen?
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic Also entstanden ist das Ganze mit Hirnbehandlungen. Also gutartige Hirntumore sind traditionell der Klassiker für die Radiochirurgie, also sogenannte Meningeome oder Akustikusneurinome. Das Ganze hat sich dann in den Körper ausgebreitet, über die Wirbelsäule und dann auch Lungen-, Leber- oder Nierentumore. Seit ein, zwei Jahren können auch Prostatakarzinome mit dieser Methode behandelt werden.
Es ist sehr schwer, genau zu definieren: Es geht weniger darum, welche Tumore genau, sondern es geht immer um den Einzelfall. Wie groß ist der Tumor? Wo liegt der Tumor genau? Generell ist es immer was für kleine Tumore; Tumore, die alternativ operiert würden. Es ist nichts für die typische onkologische Situation mit einer Vielzahl von Metastasen, Lymphknotenmetastasen etcetera, wo man natürlich traditionelle Therapieregime braucht – mit Chemotherapie oder auch herkömmlicher Strahlentherapie.
Also es ist mehr oder weniger, wir sind ja beides auch Chirurgen, eine Fortentwicklung einer chirurgischen Therapie. Aber mittlerweile so weit entwickelt, dass man nicht mehr schneiden muss.
Also wir sind wissenschaftlich auch sehr aktiv. Wir publizieren alle zwei, drei Monate eine neue wissenschaftliche Arbeit. Wir haben insgesamt knapp 200 Publikationen bei uns im Team die letzten Jahre erarbeitet. Das ist für so eine kleine Mannschaft relativ viel. Aber das ist auch ganz wichtig, weil nur wenn ich wirklich genau in die Daten schaue – wir haben beispielsweise allein 2.500 Patienten aus dem Münchner Umfeld behandelt –, dann kann ich auch entscheiden, ob das jetzt alles richtig war, was ich gemacht habe, oder ob ich vielleicht gewisse Dinge in der Zukunft ein bisschen anders adjustiere.
Christoph Gogg Wenn wir uns jetzt die Vorteile dieser besonderen Behandlungsmethode der Cyberknife-Technologie anschauen, was sind die im Einzelnen?
Dr. med. Markus KufeldWenn sich der Patient für unsere Behandlung qualifiziert, weil alle relativ strengen Kriterien erfüllt sind, dann ist es sicherlich für den Patienten das komfortabelste an Behandlungen, was er da machen kann. Er kommt zu uns in der Regel zu einer einmaligen Behandlungssitzung, die für ihn völlig schmerzfrei ist. Es gibt keine invasiven Halte- oder Fixierungsrahmen, die irgendwo schmerzhaft angebracht werden müssten.
Es ist keine Narkose, nicht einmal eine Beruhigung, in aller Regel erforderlich, weil die Patienten von der Bestrahlung selbst nichts spüren. Insofern ist es für den Patienten im Vergleich zu den alternativen Behandlungsmethoden sicherlich sehr, sehr komfortabel und wird deswegen auch von den Patienten sehr gut angenommen und akzeptiert.
Christoph Gogg Und es fällt auch auf, dass die Atmosphäre eine ganz besondere ist, wenn man hier schon reinkommt. Das hat was Familiäres, was Lockeres, überhaupt keine Krankenhausatmosphäre. Das ist Ihnen auch ganz wichtig, glaube ich, dass man das auch ausstrahlt.
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic Ja, das ist ganz wichtig. Die meisten sind schon relativ schwer betroffen. Und leider ist es ja so heutzutage, wenn man in ein typisches Krankenhaus geht, fühlt man sich nach den ersten Schritten fast noch schlechter als vorher. Und da wollen wir ganz bewusst gegensteuern. Ein bisschen mit Farbe, Licht und Freundlichkeit der Mitarbeiter einfach da den Druck von den Patienten wegzunehmen. Und das ist eigentlich ganz wichtig.
Es gehört zum Gesamtkonzept. Die Behandlung selbst ist nicht das Einzige. Der Patient muss sich auch gut aufgehoben fühlen. Es muss genug Zeit da sein, um alle Fragen und Probleme diskutieren zu können. Und man muss sich einfach auch wohlfühlen. Und damit, wenn dann alle Kriterien erfüllt sind, wenn die Indikation passt, wenn der Patient sagt: Ja, hier fühle ich mich zu Hause. Hier möchte ich gerne behandelt werden. Dann wird das in der Regel auch alles gut.
Christel VölkeningIch hatte auch heute wieder Musik dabei gehabt bei der Bestrahlung. Und, wie gesagt, die Arztangst durch die weißen Kittel ist auch nicht gegeben, weil keiner einen weißen Kittel anhat. Also es ist familiärer, sagen wir mal so, freundschaftlicher das ganze Umfeld.
Christoph Gogg Jetzt sprechen wir heute speziell über das sogenannte Aderhautmelanom. Ein paar Worte zu diesem Krankheitsbild.
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic Das Aderhautmelanom wird in München mit solchen Techniken schon sehr lange behandelt. Schon über 20 Jahre auch schon mit der Vorgängertechnologie, mit dem sogenannten Gammaknife. Das ist eine besondere Indikation, weil man in den meisten Fällen den Patienten damit die Entfernung des Auges ersparen kann. Und das ist natürlich eine ziemlich unschöne Sache, aber wir können hier die bösartigen Tumore mit einer einmaligen Präzisionsbestrahlung in den meisten Fällen sehr schön ausschalten.
Wir hatten gerade heute Morgen einen Patienten in der Sprechstunde gesehen, den wir vor drei Monaten behandelt haben. Da ging das nach drei Monaten jetzt komplett zurück. Da muss man fairerweise sagen, das ist nicht immer so schön, aber in dem Fall haben wir das eigentlich ganz schön darstellen können. Es ist so, dass gerade bei dem Aderhautmelanom aber auch die Kooperation hier mit der Universitätsaugenklinik ganz wesentlich ist.
Prof. Dr. Siegfried Priglinger Das Aderhautmelanom ist insofern etwas schwierig, weil sehr häufig die Patienten gar nicht bemerken, dass sich da ein Nävus verändert und ein Tumor wird, sondern ein Nävus zum Melanom wird. Denn wenn der Tumor nicht direkt im Zentrum des Sehens sitzt, sondern ein bisschen außerhalb, dann kann er auch mal relativ groß sein, bevor die Patienten erst etwas merken.
Dr. Paul FoersterEin Aderhautmelanom ist der häufigste Tumor, der im Auge entsteht. Er ist insgesamt für die Bevölkerung aber etwas Seltenes. Im Gegensatz zum Hautmelanom, was sehr häufig vorkommt.
Christel Völkening
Ich war mindestens vier Jahre nicht mehr beim Augenarzt. Meine Tochter ist gegangen und da dachte ich mir: Ach, gehst’ auch mal wieder. Und meine Augenärztin hat das festgestellt. Also es war reiner Zufall.
Dr. Raffael Liegl Ganz wichtig ist mir, dass man wissen muss, dass das natürlich ein bösartiger Tumor ist. Ein bösartiger Tumor heißt auch immer, wie es immer in der Medizin ist, es gibt kein 100 Prozent und das gilt für alle Handlungsoptionen – egal ob es das Cyberknife ist oder irgendeine andere Option. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Cyberknife, was bedeutet, dass man schon damit rechnen kann, dass die Erfolgsrate bei deutlich über 80 Prozent liegt.
Prof. Dr. Siegfried PriglingerDas kooperative Miteinander, wenn es gut funktioniert, dann ist immer das Zwischenmenschliche das beeindruckende. Also es ist letztlich fachlich natürlich spannend und bewundernswert, was alles möglich ist heute. Aber das Team vom Cyberknife und mein Tumorteam, das sind einfach wirklich menschlich so nette, integre Personen, dass das einfach funktionieren kann. Und das ist wirklich das Besondere an dieser Kooperation.
Dr. Paul FoersterWenn man nicht eine funktionierende Kooperation aus Physikern, Radiochirurgen, Strahlentherapeuten und Fachdisziplinen, wie der Augenheilkunde, hat, dann kann das aus meiner Sicht nicht optimal funktionieren. Und das ist hier gegeben, dass wir wirklich im Team sehr, sehr gut zusammenarbeiten.
Christoph Gogg Könnten Sie uns noch mal den Behandlungsablauf detailliert schildern? Wie das genau abläuft, wenn ich als Patient zu Ihnen komme und mich behandeln lassen?
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic Also der erste Schritt ist immer der Besuch in der Augenklinik. Wenn die Augenklinik grünes Licht gegeben hat, dann kommt der Patient zu uns zur Behandlung. Er kommt meistens morgens gegen acht Uhr, wir sprechen kurz und fangen dann sofort an mit der örtlichen Betäubung am Auge. Da ist eine örtliche Betäubung am Auge erforderlich, weil das Auge darf sich während der Behandlung nicht bewegen.
Diese örtliche Betäubung ist eine typische Narkose des Auges, wie es in der Augenklinik bei sämtlichen Augeneingriffen jeden Tag durchgeführt wird. Das ist ein ganz kleiner Piks am Unterlied – klingt in der Regel deutlich schlimmer als es ist. Alle Patienten sagen, dass sie eigentlich damit letztendlich keine Probleme haben. Dann gehen wir rüber, eine Tür weiter, machen dort eine Kernspintomographie bei unserem radiologischen Partner.
Danach kommt der Patient wieder zurück. Dort wird eine Computertomografie gemacht. Dann nehmen wir diese Datensätze von Kernspintomografie und Computertomografie für die Behandlungsplanung, machen dann die Behandlungsplanung mit Augenarzt, einem aus unserem Ärzteteam und einem spezialisierten Medizinphysiker. Das dauert ungefähr zehn Minuten und dann geht es auch schon in Behandlung. Und das Ganze dauert dann unterm Strich etwa knapp zwei Stunden. Die eigentliche Behandlung etwa 25 Minuten.
Christel Völkening
Für mich ist das Cyberknife besser wie alles andere. Weil ich habe, wie gesagt, mit meiner ersten Operation – also es ist ja keine Operation – mit meiner ersten Bestrahlung nur gute Erfahrungen gehabt. Und deshalb habe ich alles [andere] ausgeschlossen – nur Cyberknife wieder zu machen.
Prof. Dr. Siegfried PriglingerFür uns ist entscheidend, dass man mit dem Cyberknife einfach so lokalisiert die Strahlenenergie fokussieren kann, dass der Schaden rundherum, also das Auge rundherum, relativ wenig geschädigt wird.
Christoph Gogg Ganz wichtige Frage für alle Patienten: Übernimmt meine Krankenkasse die Kosten für diese Behandlung?
Prof. Dr. med. Alexander Muacevic Wir haben hier in München besonders gute Umstände. Das ist nicht überall im Land so, aber da wir bereits vor 15 Jahren einen sogenannten Integrierten Versorgungsvertrag zusammen mit der AOK Bayern etablieren konnten, an den sich dann viele andere Krankenkassen angeschlossen haben über die Jahre, haben wir hier für die allgemeinversicherten Patienten und auch für die Privatpatienten gute Voraussetzungen. Es ist nicht so, dass wir eine hundertprozentige Abdeckung haben, aber wir sind etwa bei 75 bis 80 Prozent. Und die anderen Patienten müssen dann über sogenannte Einzelfallanträge bei ihren Krankenkassen nachfragen und dann hoffentlich eine entsprechende Genehmigung erhalten.
Christoph Gogg Wird es in Zukunft noch mehr Erstattungen geben? Wie ist da Ihr Blick? Kann man das schon so ein bisschen vom Gefühl sagen?
Dr. med. Markus KufeldWir versuchen natürlich weiterhin mit den Krankenkassen, insbesondere mit denen noch keine vertragliche Vereinbarung zur Kostenübernahme besteht, diese für die Zukunft zu erreichen. Eben auch untermauert mit unseren wissenschaftlichen Daten, die natürlich jetzt immer umfangreicher und valider werden, um damit auch den Kassen zu zeigen, dass es nicht nur für den Patienten ein komfortables Verfahren, sondern letztlich gesamtgesundheitsökonomisch auch ein wirtschaftliches Verfahren ist – im Vergleich zu den Alternativen. Da arbeiten wir daran und versuchen eben mit unseren hoffentlich guten Argumenten die Kassen davon zu überzeugen, was uns ja im großen Teil auch schon gelungen ist. Und da sind wir sehr froh, dass wir da diese Kooperationspartner auch auf der Kassenseite haben.
Christoph Gogg Meine Herren, dann bedanke ich mich ganz herzlich für diesen spannenden Einblick in die Cyberknife-Technologie hier am Europäischen Cyberknife Centrum in München Großhadern. Danke für das Gespräch. Ihnen zu Hause: Vielen Dank fürs Zuschauen. Das war Cyberknife-TV für heute und Sie dürfen gespannt sein. Auch in der nächsten Ausgabe werden wir Ihnen wieder viele spannende Behandlungsmöglichkeiten mit dem Cyberknife präsentieren.
Wenn Sie weitere Informationen zum Thema benötigen, gehen Sie einfach ins Internet. Unter www.cyber-knife.net erhalten Sie alles Weitere, was Sie noch wissen müssen an Informationen. Und wenn Sie diese Sendung noch einmal sehen möchten, gehen Sie einfach in unsere Mediathek unter www.muenchen.tv. Viel Gesundheit für Sie. Bis zum nächsten Mal. Auf Wiederschauen.